Für KonferenzdolmetscherInnen ist diese Frage ganz klar. Schon in der ersten Dolmetschstunde werden Studierende damit vertraut, dass immer ausnahmslos in der 1. Person gedolmetscht wird. Ja. Korrekt. Beim Konferenzdolmetschen.
Bei Beratungsgesprächen im Community Bereich (eine genaue Beschreibung des Community Bereichs folgt, kurz gesagt, wird damit das Dolmetschen bei Behörden, im Gesundheitswesen oder in anderen Bereichen für Personen, die im Land der Fremdsprache leben, bezeichnet) sind Ausnahmen möglich. Hier ist es teilweise ratsam, in der 3. Person zu dolmetschen: Der/die KlientInnen sind es häufig nicht gewohnt, mit einem/einer DolmetscherIn zu arbeiten, d.h. für sie ist es verwirrend, wenn der/die DolmetscherIn in der 1. Person spricht. Sie denken, dass der/die DolmetscherIn von sich selbst spricht und verstehen nicht, dass sie „nur“ dolmetschen. Nicht selten kommt es vor, dass der/die DolmetscherIn dann zurechtgewiesen wird, dass er/sie nicht gefragt war und das Gespräch ja zwischen Arzt/Ärztin und PatientIn stattfindet. Manchmal sind die PatientInnen schlichtweg nur verwirrt und wissen nicht, wer denn jetzt der/die GesprächspartnerIn ist. Diese Verwirrtheit könnte sich negativ auf das Vertrauensverhältnis der GesprächspartnerInnen auswirken und dies u.U. wiederum negativ auf den Therapieverlauf.
Häufig ist es aber auch für den/die DolmetscherIn selbst wichtig, in der 3. Person zu dolmetschen, um auf Distanz zum Gesagten zu gehen. Wenn ein männlicher Dolmetscher sagt, „ich bin schwanger“, mag das bei ihm selbst und den GesprächspartnerInnen ein Lächeln hervorrufen, wenn es jedoch um schwerwiegende Diagnosen geht, lässt ein „Ich habe Krebs“ wohl niemanden kalt. Wenn der/die DolmetscherIn „Er sagt, dass er Krebs hat“ dolmetscht, geht er/sie auf Distanz zum Gesagten. Er/sie schützt sich selbst vor der schlimmen Diagnose. Dem/der ÄrztIn ist klar, dass es sich um den Patienten handelt und er/sie wird auch keine Zweifel am Gedolmetschten vermuten.
Es ist nicht einfach, Gespräche zu dolmetschen, die nichts Schönes zum Thema haben. Wir DolmetscherInnen bekommen das Gesagte immer direkt und ungefiltert mit. Es ist zu unserem eigenen Schutz, in der 3. Person zu dolmetschen und damit professionelle Distanz zum Gesagten herzustellen.
Als ich zum ersten Mal eine Fluchtgeschichte einer jungen Frau dolmetschte, war es wie ein Rettungsring für mich, „sie sagt,…“ dolmetschen zu können, sonst wäre mir diese Geschichte wahrscheinlich viel länger nachgegangen.